DOKUMENTATION: »Die Probleme des Geldsystems – NL1«

Sehr geehrte Leser und Leserin,

wir befinden uns inmitten einer sogenannten Finanz- und Wirtschaftskrise, wie sie es in dieser Art nicht geben müsste, denn wir haben genügend Güter und Dienstleistungen, um alle primären Bedürfnisse der gesamten Menschheit zu befriedigen. Wir wären heute im Stande, jedem Menschen auf diesem Planeten einen Lebensstandard, gleich dem Mittelstand des Westens, zu ermöglichen. Wir haben Arbeiter die erschaffen wollen, kreative Köpfe, die neue Ideen und Produkte entwickeln, Infrastrukturen um mit der ganzen Welt zu interagieren, ein Bildungssystem, das, auch wenn es in vieler Hinsicht äußerst verbesserungsdürftig ist, alle Kompetenzen der neuen Generation übermitteln kann, etc. Das Problem scheint vordergründig, wie bereits von diversen Fachexperten beschrieben und in vielen Publikationen veröffentlicht, ein Problem der unausgewogenen Verteilung zu sein. Wie so oft steckt aber das Problem tiefer und vor allem im Detail, nämlich in unserem aktuellen Geldsystem, das die Ursache aller unserer Krisen im Bereich Wirtschaft ist und vielleicht sogar darüber hinaus.

Das aktuelle Geldsystem erfüllt nur für kurze Zeit, für ungefähr 40-60 Jahre, scheinbar die Funktion, Menschen mit Dienstleistungen und Produkte zu versorgen, führt jedoch über den Zinseszins zu einer Wachstumsexplosion mit gleichzeitiger Umverteilung von Fleißig zu Reich. Das Ende eines solchen Zyklus, welcher auf einfachsten mathematischen Zusammenhängen beruht und von jedem selbst nachvollziehbar ist, steht jetzt vor der Tür.

Wusstest du, dass … (alle folgenden Punkte können durch glaubwürdige Quellen belegt werden):
  • jedes Produkt, das wir täglich kaufen einen 30–40%igen Zinsanteil im Preis enthält, wir aber für unsere ersparten Rücklagen auf der Bank oft weniger als 1 % Zinsen erhalten,
  • deshalb 80% der Bevölkerung Verlierer in diesem System sind (erst ab einem Vermögen von ca. 1 Million Euro ist der „verdiente“ Zinsanteil größer als der, den man indirekt mit jedem Produkt zahlt),nur 10% der Bevölkerung effektive Gewinner sind (1% halten 40% des Weltvermögens; 70 % der Weltbevölkerung besitzten weniger als fünf Prozent des weltweiten Reichtums),

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    Quelle: SOEP, Berechung des DIW Berlin

  • die schleichende Umverteilung sich durch das exponentielle Wachstums in diesem Moment dramatisch beschleunigt und sämtliche Verzerrungen im Finanzsektor auch die Realwirtschaft treffen (Kreditklemmen, Konkurse von gut funktionierenden Betrieben, Arbeitslosigkeit, etc.),
  • unser Wirtschaftssystem ein Nullsummenspiel ist, weil es auf der doppelten Buchhaltung beruht? In diesem System, wo alles doppelt gebucht wird, gibt es keinen Gewinn und kein Vermögen, ohne Verlust bzw. Schulden. (Als Beispiel nehmen wir die Deutsche Wirtschaft: Die Schulden von Staat, Unternehmen und Privatpersonen beträgt ca. 5 Billionen Euro. Das Vermögen der Institutionen und der einzelnen Individuen ist ebenfalls 5 Billionen – wobei der Großteil des Vermögens sich in den Händen weniger befindet)

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    Geldvermoegen / Schulden (Juli 2010)

  • Geld von jeder Geschäftsbank in einem Buchungssatz als KREDIT (Negativer Wert) für die Bank selbst, und gleichzeitig in selber Höhe für den Kunden aus dem Nichts geschöpft wird (buchhalterisch heißt das, dass bei der Kreditvergabe auf der Aktivseite der Bilanz ‚Forderung an Kassa‘ und auf der Passivseite der Bilanz ‚Verbindlichkeit an den Kunden‘ steht),
  • Banken für den gewährten Kredit, aus dem Nichts auch noch Zinsen verlangen? Da aber letztere nie geschöpft wurden, führen sie automatisch zum “gesunden Wettbewerb“ unter den Marktteilnehmern, denn um Zinsen bezahlen zu können, muss jeder Wirtschaftsteilnehmer einem anderen Marktteilnehmer Geld wegnehmen und da Geld nur als Kredit erschaffen wird, muss sich in diesem Kreislauf zwangsläufig immer jemand neu verschulden (ein Nullsummenspiel bzw. verkettetes Schneeballsystem),
  • ALLES Geld Kredit/Schuld einer Bank an eine Nichtbank ist, also ein NEGTIVER Wert? Wenn die Marktteilnehmer sich nicht verschulden würden, gäbe es kein Geld. Würden hypothetisch heute alle Schulden getilgt, so gäbe es kein Geld mehr, lediglich die Forderungen auf die Zinszahlungen in den Bankbilanzen wären aufrecht und die sind nicht Geld. Das heißt, wollen wir Geld zur Verfügung haben, muss sich mindestens ein  Marktteilnehmer verschulden.

Aus dieser Betrachtung wird klar, dass Politiker weder im Wachstum (Neuverschuldung) noch in verstärkter Ausgabenkürzung einen Ausweg finden werden. Dieses System führt zwangsweise zu einer extremen Polarisierung, wo auf der einen Seite verschuldete Unternehmen in Konkurs gehen, mit der Konsequenz rückläufiger Steuereinnahmen und erhöhten Leistungen an Arbeitslose für den Staat, wo Sozialaufgaben, Ausgaben für soziale und kulturelle Maßnahmen beschnitten werden müssen, Pensionen und Gehälter nicht mehr sicher sind und auf der anderen Seite, das zinsgetriebene Geldsystem über die Umverteilung von Fleißig nach Reich den Anstieg der Privatvermögen einiger weniger Superreicher immer mehr anheizt.


Was ist zu tun:


Das derzeitige Geldsystem ist leider nicht geeignet die beschriebenen Probleme zu lösen, denn aus rein mathematischen Gründen findet eine andauernde Beschleunigung des Verschuldungsprozesses statt. Das Geldsystem ist allerdings keine Naturgesetz, sondern eine von Menschen gemachte Regel und kann jederzeit von Menschen im demokratischen Konsens wieder abgeändert werden. Heute gibt es verschiedene Alternativen und ich möchte dir dringlichst empfehlen, dich hierzu ein objektives Bild zu machen. Das Internet bietet dazu unzählige, leicht verständliche und fachlich gut recherchierte Beispiele. Erst wenn alle Entscheidungsträger und auch die Bevölkerung ein tiefgreifendes Verständnis unserer Volkswirtschaft, unseres Geldsystems und deren Auswirkungen haben, kann über Alternativen und Auswege diskutiert werden, um eine Änderung zum Wohle Aller umzusetzen.

Als Volkswirt halte ich, neben verschiedenen neuen Modellen und Projekten die auf der Plattform HumanEconomy beschreiben werden, die Analyse und das Informations-Geldsystem von Prof. Franz Hörmann (außerordentlicher Professor für Rechnungswesen an der Wirtschafts-Universität Wien) für einen sehr guten Ausgangspunkt zur demokratischen Diskussion. Unter Visionen und Projekte findest du auch ein kurzes Video mit Prof. Franz Hörmann oder auch unter Video/Audio/Medien.

Wir möchten über verschiedene Aktionen wie Vorträge, Pressemitteilungen, Kongresse, Informationsblätter, Diskussionsrunden etc. unseren Beitrag zu einem neuen Geld- und Wirtschaftssystem leisten. Wir werden ganz konkrete Alternativen vorschlagen und diese auch umsetzen. Das heißt, wir werden nicht beim Kritisieren und Visionieren stehen bleiben.

Solltest auch du dich von unserer Arbeit angesprochen fühlen,
so sind wir für jede Hilfe, Kooperation und Unterstützung sehr dankbar http://humaneconomy.it/deutsch/mitarbeit

Wir freuen uns auf einen regen Austausch.

Das HumanEconomy Team

p.s. Wir verwenden auf unserer Hompage und den Mitteilungen immer die Du Form :-)

One Comment

  1. Liebe Freunde, es ist alles so wie ihr sagt und noch schlimmer. Schon in der Schule fiel mir eine sonderbare Konstante auf: die Löhne der Arbeiter liegen immer gerade mal knapp über dem Lebensminimum. Weitergedacht ergibt sich das beschriebene Bild. Nun ist es aber so, daß jene, die im großen Ausmaß mit Geld hantieren zwar wissen, daß bei gerechter Umverteilung 2 – 3 Arbeitsstunden/Tag genügen, um gut auszukommen, die Mehrheit der Menschen aber nur auf Zwang und Erpressung reagiert. Ohne finanziellen Druck steht keiner um 7.oo Uhr auf. Es gäbe keinen Straßenbahnschaffner.
    Das Problem liegt also bei jedem intern, und nur da kann wirkungsvoll angesetzt werden.
    Herzl. Gruß auch

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